Berufsausbildung


"Mikroelektronik, moderne Rechentechnik und rechnergestützte Konstruktion, Projektierung und Steuerung der Produktion bestimmen mehr und mehr das Leistungsvermögen einer Volkswirtschaft.". 

Dies stellte der Genosse Erich Honecker in einem Bericht des Zentralkomitees an den XI. Parteitag der SED fest. Es wird betont, daß die Wirksamkeit dieser Technologien wesentlich von der Qualifikation der Menschen abhängt - die Berufsausbildung wurde damit direkt angesprochen.

Seit 1970 wurde in allen Facharbeiterberufen die technische Grundlagenfächer "Grundlagen der Elektronik, der BMSR-Technik und der Datenverarbeitung" gelehrt. Dies sollte sich als eine zukunftsorientierte Entscheidung erweisen, da auf diese Weise eine hohe Qualifikation zur Meisterung der modernen Produktion geschaffen wurde. Ausgehend von der großen Bedeutung der Automatisierung, wurde ein neues Grundlagenfach "Grundlagen der Automatisierung" geschaffen, in welchem die drei Grundlagenfächer integriert und inhaltlich weiterentwickelt wurden. Ab 1.9.1986 wurden alle Facharbeiterberufe in diesem Beruf unterrichtet.

Dieser Unterricht wurde in enger Bindung an die berufliche und betriebliche Praxis durchgeführt. Zu einem hohen Anteil war der experimentelle Anteil in diesem Fach vertreten. Den Lehrlingen sollten die Grundprinzipien und Funktionseinheiten der analogen und digitalen Informationsgewinnung, -übertragung, -verarbeitung und -nutzung vertraut gemacht werden. Ihnen wurden wesentliche Funktionseinheiten des Computers, seiner Peripherie und Fragen der Programmierung vermittelt.

Hiermit sollte also die Basis geschaffen werden, ergänzt durch spezielle berufliche Bildung / Weiterbildung, die Schlüsseltechnologien zu beherrschen.

Das hohe Entwicklungstempo der Mikroelektronik / Informatik brachte eine neue Qualität der Anforderungen an jeden Einzelnen, auf die sich die Berufsbildung einstellen mußte. Diese neue Qualität resultierte vor allem 

  • aus der großen Geschwindigkeit der Einführung neuer computergestützter Technologien,
  • aus der immer weiter wachsenden Breite der Anwendungen der Informatik
  • und aus der zunehmenden Verknüpfung der Schlüsseltechnologien
So gab es neue Konzepte zur zukünftigen Informatikausbildung. Diese Anstrengungen zielten auf die schnelle Erarbeitung von praktikablen Lösungen für die drei Schwerpunktaufgaben:
  1. Sicherstellung der Tatsache, daß alle Lehrlinge  unabhängig vom Beruf, grundlegendes Wissen über Informatik und Grundfertigkeiten im Umgang mit der Informationsverarbeitungstechnik erlangen
  2. berufsspezifische Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit der Informationstechnik
  3. bereits tätigen Facharbeitern und Meistern Kenntnisse und Können im Umgang mit der Informationstechnik vermitteln
Geschehen sollte dies beginnend im Fach "Grundlagen der Automatisierung" und hatte dabei drei Funktionen
  1. Vervollkommnung der Allgemeinbildung
  2. Vorbereitung der Lehrlinge auf die Nutzung des Computers als Arbeitsmittel in ihrem Tätigkeitsbereich
  3. für Lehrlinge des Ausbildungsweges "Berufsausbildung mit Abitur" sollte ein Beitrag zur Vorbereitung auf die Hochschule geleistet werden
Gleichfalls war eine Differenzierung des "Zielpublikums" notwendig. In der ersten Gruppe befanden sich alle Lehrlinge des Ausbildungsweges "Berufsausbildung mit Abitur". Das generelle Ziel der Ausbildung war hier die Vermittlung und Aneignung von grundlegenden Fähigkeiten zur Analyse und algorithmischen Aufbereitung von Problemen zur Bearbeitung mit dem Computer. Die Informatikausbildung sollte 72 Stunden im Rahmen des Grundlagenfaches "Grundlagen der Automatisierung" umfassen. Die zweite Gruppe bildeten alle Facharbeiterberufe, die gegenwärtig oder in naher Zukunft mit moderner Informationsverarbeitungstechnik konfrontiert werden. Die Lehrlinge dieser Gruppe sollten dazu befähigt werden, Programme und Daten sicher und fehlerfrei in den Computer einzugeben, selbstständig mit Peripherie und Anwendungsprogrammen umgehen zu können und unter Anleitung einfache Programme partiell zu präzisieren bzw. zu modifizieren. 72 Stunden waren für den Informatikunterricht geplant. Alle übrigen Facharbeiterberufe, die zu diesem Zeitpunkt noch keinen großen Kontakt zur Informationsverarbeitungstechnik hatten, gehörten der dritten Gruppe an. Ihnen sollte der Umgang mit Kleincomputern näher gebracht werden, und sie sollten  in der Lage sein, kleinere Veränderungen an Programmen unter Anleitung durchzuführen. Der Informatikunterricht nahm bei dieser Gruppe 36 Stunden ein.

In der berufspraktischen Ausbildung wurden abhängig vom Beruf neue Kurse eingeführt, z.B. "CAD-Grundlagen", "Grundlagen der CNC-Programmierung" und "Arbeit mit Dateiverwaltungs- und Tabellenkalkulationsprogrammen". Im Lehr- und Asubildungsjahr 1986/87 wurden erste Erprobungen diesbezüglich durchgeführt.

Eine solide Informatikausbildung machte eine Reihe von weitreichenden materiellen und personellen Aufwendungen nötig. 1986 wurde mit der Einrichtung von Computerkabinetten an Einrichtungen, die für die Erprobung vorgesehen waren, begonnen. 1987 sollten in allen Einrichtungen mit Abiturausbildung Computerkabinette eingerichtet sein. Ein flächendeckendes Netz war für die Folgejahre geplant - inwieweit dies verwirklicht wurde, konnten wir leider nicht mehr nachvollziehen. Die Computerkabinette wurden für den Informatikunterricht, für die berufsspezifische Ausbildung und für fakultative Kurse und Arbeitsgemeinschaften genutzt. Zusätzlich sollten Büro- und Personalcomputer für die berufsspezifischen Erfordernisse angeschafft werden. Im letzten Ausbildungsabschnitt war die zusätzliche Nutzung von speziellen Anlagen der Betriebe geplant. 


Lehrkräfte

Alle Lehrkräfte, die ab 1986 in die Erprobung des Informatikunterrichts einbezogen war, besuchten einen dreiwöchigen Lehrgang. Das erworbene Wissen wurde durch Selbststudium und durch Besuche von Lehrgängen in den darauf folgenden Jahren vertieft. Weiterhin liefen Weiterbildungsmaßnahemn für alle Leitungskader. 1988 sollten alle Lehrkräfte der Berufsbildung über eine Grundqualifikation auf dem Gebiet der Informatik verfügen.


Unterrichtsmaterialien

Ein besonderes Augenmerk wurde der Entwicklung von Unterrichtsmaterialien, Unterrichtshilfen für die Lehrer und Beispielsoftware gewidmet.

Für das Unterrichtsfach "Grundlagen der Automatisierung" gab es ein gleichnamiges Lehrbuch. Aus dem Inhalt:

  • Bedeutung der Automatisierung verdeutlicht 
  • Bauelemente und Funktionseinheiten automatischer Steuerungen
  • Informationsgewinnung und -speicherung
  • Informationsverarbeitung in automatischen Steuerungen
  • Einsatz von Computern in der Automatisierung 
Eine Stoffsammlung "Informatik im Grundlagenfach 'Grundlagen der Automatisierung'  (1988)"  war im Informatikunterricht im Einsatz.
"Für das weitere Leistungswachstum und die Dynamik unserer Volkswirtschaft gewinnt die Anwendung und Beherrschung der Schlüsseltechnologien immer mehr an Bedeutung. In allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens nimmt der Einsatz informationsverarbeitender Technik in starkem Maße zu. Um die Facharbeiter in allen Wirtschaftsbereichen auf die sich damit ergebenden vielfältigen neuen Anforderungen gut vorzubereiten, stehen auch vor der Berufsausbildung neue, anspruchsvolle Aufgaben." 

"Diese Stoffsammlung enthält den gesamten Unterrichtsstoff, mit dem Sie im Informatikunterricht vertraut gemacht werden und geht in einigen Punkten noch darüber hinaus." 

Sie beinhaltet im wesentlichen: 

  • Bedeutung und Einsatz der modernen Informationsverarbeitung und Informationsverarbeitungstechnik in unserer Volkswirtschaft
  • Einsatz der Computertechnik zur Optimierung von Produktionsprozessen durch automatische Steuerung (Beispiele)
  • Hardware/Aufbau eines Computers
  • Bussystem
  • CPU-Aufbau
  • Einführung in die Arbeit mit dem Kleincomputer KC 85/3 bzw. KC 85/2
  • Grundlagen der Programmierung
  • Einführung in die Programmiersprache BASIC
  • Entwicklungstendenzen des Computereinsatzes
Im "VEB Papier- und Kartonwerke Schwedt" und in den Betrieben der "VEB Kombinate Zellstoff und Papier Heidenau und Verpackung Leipzig" gab es eine weitere Broschüre, welche zum Erlernen der Programmiersprache BASIC diente. 
 
Herausgeber war die "Koordinierungsstelle für Berufsbildung der VEB Kombinate Zellstoff und Papier Heidenau und Verpackung Leipzig". 

Inhalte waren: 

  1. Allgemeine Grundlagen, z.B. 
    • Starten des BASIC-Interpreters
    • Tastatur und Bildschirm
    • Anweisungen, Operationszeichen und Funktionen
    • Zeichenketten
    • Struktur eines BASIC-Programms
  2. PRINT-Anweisung, Formatierungsanweisungen, Ausdrücke, Stringfunktionen
  3. Grafik und Farbe
  4. Weitere BASIC-Anweisungen, Hilfsmittel und Ergänzungen für die Gestaltung von Programmen
  5. KC 85/3, Literaturverzeichnis

Für den Unterricht gab es vorgefertigte Beispielprogramme, die das Erlernen der Programmiersprache BASIC erleichtern sollten.