Entwicklung der Informatik als staatliche und wirtschaftliche Hauptaufgabe

Wie sich die Partei- und Staatsführung der DDR die Entwicklung der Mikroelektronik / Rechentechnik vorstellte und welche Bedeutung sie ihr dabei einräumte, läßt sich am einfachsten anhand zweier Zitate darstellen. 


Auszug aus: 

Zur Direktive des XI. Parteitages der SED zum Fünfjahrplan für die Entwicklung der Volkswirtschaft der DDR in den Jahren 1986 bis 1990
 (Berichterstatter: Genosse Willi Stoph)



III. Aufgabe der Industrie als Hauptproduzent des Nationaleinkommens

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In der Elektrotechnik/Elektronik ist die Produktion von mikroelektronischen Bauelementen zu beschleunigen. Die Kapazitäten für technologische Spezialausrüstungen dafür werden beträchtlich erweitert. Es ist eine neue Generation von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen und modernen Geräten zu Erfassung, Verarbeitung und Darstellung von Informationen zu entwickeln und bereitzustellen. Für die Realisierung der automatisierten Konstruktionen und Produktionsvorbereitung und -steuerung sind die beschleunigte Entwicklung und Produktion leistungsfähiger Mikrorechner, externer Speichertechniken, automatisierter Zeichengeräte, Digitalisiergeräte und Drucker erforderlich. Zu diesem Zweck werden die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in den Kombinaten VEB Carl Zeiss JENA und  VEB Mikroelektronik bedeutend erweitert und zu Zentren für Hochtechnologie entwickelt. 
Die Anwendung von CAD/CAM-Lösungen sowie der Einsatz der Robotertechnik sollen als entscheidende Faktoren für die Automatisierung der Produktion im schnellen Tempo erfolgen. Schließlich sind mit der Mikroelektronik maßgeblich die Anwendungen neuer Bearbeitungstechnologien, die Herstellung neuer Werkstoffe sowie die breite Einführung der Biotechnologie zu fördern. Der Anteil funktionsbestimmender Baugruppen der Mikroelektronik an den Maschinen und Ausrüstungen ist weiter zu steigern. Im Vordergrund der Automatisierung stehen komplexe Lösungen, die prozeßspezifisch in den Kombinaten zu realisieren sind. 

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(Berichterstatter: Genosse Günther Mittag)



II. Zur Erhöhung der Wirksamkeit der qualitativen Faktoren des Wirtschaftswachstums in der neunen Etappe der ökonomischen Strategie sowie zur Qualifizierung der Leitung, Planung und wirtschaftlichen Rechnungsführung

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    Verstärkte Anwendung der modernen Rechentechnik, insbesondere für die rechnergestützte Projektierung, Konstruktion, Produktionsvorbereitung und Durchführung (CAD/CAM) sowie für eine tiefgreifende Rationalisierung und Automatisierung der Produktions-, Informations- und Dienstleistungsprozesse einschließlich von Routineprozessen in der Leitung und Verwaltung, insbesondere durch breite Einführung von Personal- und Bürocomputern, automatisierte Textverarbeitung und -übermittlung, Beispiellösungen für lokale Netze und industriellen Bildschirmtext sowie Schaffung der erforderlichen Software;
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III. Die Aufgaben zur weiteren Ausgestaltung der materiell-technischen Basis der Volkswirtschaft

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1. Verstärkte Entwicklung und Anwendung von Schlüsseltechnologien 

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Entsprechend ihrer Volkswirtschaftlichen Breitenwirkung ist die dominierende Stellung der Mikroelektronik weiter auszuprägen. Bis 1990 ist das vorhanden Schaltkreissortiment durch die Einführung neuer Basistechnologien zur Beherrschung wesentlich verringerte Strukturbreiten und die Realisierung, spezifischer, komplexer Informationsverarbeitungsfunktionen mittel höchstintegrierter Schaltkreise zu erweitern. Die Produktion an aktiven elektronischen Bauelementen ist jährlich um über 26 % und von passiven elektronischen Bauelementen um 12 % zu steigern. Die wissenschaftlichen Arbeit ist auf die Entwicklung von Mikroprozessorschaltkreisen mit 16  und 32 Bit Verarbeitungsbreite, optoelektronischen Bauelementen für die Lichtleiterübertragungstechnik, Sensoren und Aktoren auf mikroelektronischer, optoelektronischer und mikromechanischer Basis, Display-Farbbildröhren und oberflächenmontierbaren Bauelementen zu richten. Mit den 1985 produzierten Erzeugnissen wurden wichtige Voraussetzungen für die Produktion des 1-Megabit-Speichers geschaffen. Mit der nächsten Gerätegeneration, die in Vorbereitung des XI. Parteitage in Angriff genommen wurde wird den Anforderungen des Bauelemente-Industrie auf einem fortgeschrittenen internationalen zu Beginn der 90er Jahre Rechnung getragen. damit sind Ausrüstungen für das 4-Megabit-Speicherniveau zu schaffen. 
Verstärkt sind Kundenspezifische Schalkreise gemeinsam mit den Anwendern mikroelektronischer Bauelemente zu entwickeln und zu produzieren. 
Die Entwicklung und Produktion technologischer Spezialausrüstungen für die Mikroelektronik einschließlich Baugruppen und Elemente der Hochvakuumtechnik, ist, dem erforderlichen Erneuerungstempo folgend, umfassend zu erweitern. Die Erweiterung mikroelektronischer Fertigungskapazitäten ist unmittelbar mit der Modernisierung vorhandener Ausrüstungen und Anlagen zu verbinden. Zur Steigerung der Produktivität, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Bauelementeproduktion ist der Automatisierungsgrad der Anlagen durch den Einsatz neuer technologischer Spezialausrüstungen mit hochwirksamen Funktionsprinzipien bedeutend zu erhöhen. Mit zunehmendem Maße sind in Kombinaten der verarbeitenden Industrie mikroelektronische Produktionskapzitäten insbesondere für kundenspezifische und Hybridschaltkreise und für die Leiterplattenherstellung und -bestückung, aus- und aufzubauen und in allen Kombinaten leitungsfähige Gruppen für die Mikroelektronik zu schaffen. Von besonderer Bedeutung ist die abgestimmte Produktion von Grund- und Hilfsmaterial für elektronische Bauelemente entsprechend den qualitativen und quantitativen Anforderungen durch hohe wissenschaftlich-technische und technologische Leistungen. 

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Bedeutend ökonomische Effekte sind bei der zielgerichteten und beschleunigten Anwendung bei der rechnergestützten Projektierung, Konstruktion, Produktionsverarbeitung und -durchführung (CAD/CAM) im Zeitraum 1986 bis 1990 zu errichten 

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Zu Beschleunigung des Tempos beim Aufbau von CAD/CAM-Lösungen ist die vorhanden Rechentechnik voll einzubeziehen und durch den Einsatz der erforderlichen peripheren Geräten im Zeitraum 1986 bis 1987 zu modernisieren. Als Voraussetzung dazu ist ein spürbarer Leitungszuwachs bei der Bereitstellung von Mikrorechnern, graphischer Bildschirmtechnik, moderner Druck- und Zeichentechnik sowie von Digitalisierungsgeräten zu sichern. Gleichzeitig ist die dafür notwendige standardisierte Basissoftware und vielfach nutzbare Anwendungssoftware durch die verantwortlichen Kombinate und Anwenderkollektive bereitzustellen. 
Die moderne Rechentechnik ist im Zeitraum 1986 bis 1990 für Forschung und Entwicklung sowie die Produktionsvorbereitung und -steuerung in den Kombinaten, für die Qualifizierung der Leitung, Planung und Bilanzierung auf allen Ebenen für die weiter Rationalisierung der Arbeit im Verkehrswesen, im Handel, in Banken und Versicherungen und weiteren Bereichen sowie für die Ausbildung der Studenten, Lehrlinge und Schüler einzusetzen. zur Durchsetzung der komplexen Automatisierung sind im Zeitraum bis 1990 160000 - 170000 Büro- und Personalcomputer, 1900 - 1950 Kleindatenverarbeitungsanlagen sowie 660 - 670 EDV-Anlagen zu produzieren. Es sind hochleistungfähige Ingenieurarbeitsstationen auf der Basis von Rechner mit hoher Verarbeitungsbreite zu schaffen, eine leistungsfähige Speichertechnik zu entwickeln und graphische Ein- und Ausgabegeräte zur Verfügung zu stellen. 
Dazu ist die Zusammenarbeit mit der UdSSR zu intensivieren. Der etappenweise Aufbau des automatisierten Datennetzes ist durch Schaffung der erforderlichen geräte- und programmtechnischen Mitteln zu sichern. Es sind Voraussetzungen für die Kommunikationsformen Bürofernschreiben, Bildschirmtext und Fernkopieren zu erarbeiten und einzuführen. 
Ein bestimmendes Merkmal in der Veränderung der materialtechnischen Basis der Volkswirtschaft im Zeitraum 1986 - 1990 ist die breite Entwicklung und Anwendung der Automatisierungstechnik

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 XI. Parteitag der SED 
Berlin, 17. bis 21. April 1986