Computersendungen im Rundfunk der DDR


Entwicklung der Rundfunksendungen

Begonnen hat es mit Rundfunksendungen im Frühling des Jahres 1986. Auf Grundlage einer Diskussion zwischen Schülern der mathematisch-naturwissenschaftlich orientierten Hertz-Oberschule in Berlin mit dem Thema: "Was ist künstliche Intelligenz?" entwickelte sich unter Führung von Steffen Malyszczyk (Schulfunkredakteur) vom Radio DDR daraus eine Sendung der "Jugendurania". Hilfreiche Unterstützung kam von seiten des Herrn Professor Völz.

Danach gab es ein Gespräch mit Frau Dr. Ursula Findeisen vom Zentralvorstand der Urania. Gegenstand des Gespräches war die Frage, wie man besonders Jugendliche für Fragen der Informatik begeistern kann und welche Rolle dabei der Rundfunk einnehmen könnte.

Eine ebenfalls wichtige Person war der Schulfunkredakteur für Naturwissenschaften, Dr. Joachim Baumann.

Am 16.10.1986 wurde das Wissenschaftsmagazin des Schulfunks für eine Testsendung genutzt. Themen waren

  • Interview mit Prof. Horst Völz zum Thema "Jugend und Computer"
  • ein Beitrag "Grundregeln zum effektiven Programmieren in BASIC"
Am Schluß wurden drei BASIC-Programme zur Berechnung von Primzahlen ausgestrahlt.

Diese erste Sendung wurde aus der Wohnung des Prof. Horst Völz aufgenommen, ausgestrahlt und in keiner entsprechenden Fernseh-/Rundfunkzeitung angekündigt. Weiterhin gab es von der Post keine Genehmigung zur Übertragung von Daten über den Rundfunk. Man wartete nun auf das "große Donnerwetter", doch die Reaktion vom Publikum war so groß, daß danach alles lief. Der Rundfunk hat zu keiner Rundfunksendung der DDR soviel Zuschriften bekommen, wie zu dieser. Dies waren ungefähr alles in allem 50.000 Zuschriften. Es wurden zusätzlich Leute eingestellt, damit alle Briefe sortiert, beantwortet und das zur Sendung vorhandene Material versendet werden konnte.

Die Reaktion der Regierung war etwas anders. Das Ministerium für Bildung hat eine 3-Mann-Kommission in Potsdam gebildet, die systematisch untersucht hat, wie man die Sendungen unterbinden kann und was man dagegen unternehmen kann.

Aber schrittweise wandten sich die Lehrer an die Beteiligten der Sendung und haben dann auch mehr oder weniger in Richtung Informatik für die Schulen, gefordert. Daraufhin hat dann die 3-Mann-Kommission auch systematisch die Hörerzuschriften untersucht. Geholfen hat es bekanntermaßen allerdings nicht.

Ein Problem war die Einlesbarkeit der ausgestrahlten Programme. Mit Hilfe der Studiotechnik des Rundfunks wurde die Erprobung durchgeführt. Die Programme wurden vom KC 85/3 auf Studioband (38 cm/s, mono, zweikanalig) aufgezeichnet, ausgestrahlt und dabei auf Kassette mitgeschnitten. Die Einlesbarkeit der Programme von Band in den Rechner war zufriedenstellend.

Für das Projekt wurde bis zum Jahresende 1986 eine Konzeption durch Herrn Professor Völz ausgearbeitet. Der Kurs "BASIC 1x1 des Programmierens - vom Taschenrechner zur Computergrafik" umfaßte 20 Folgen. In jeder Sendung wurden ein oder mehrere BASIC-Befehle erläutert und ihre Wirkungsweise anhand von Beispielprogrammen demonstriert. BASIC-Dialekt war das BASIC der KC 85 - Reihe. Die Programme wurden vollständig ausgestrahlt und konnten zu Hause auf Kassette aufgezeichnet werden.

Am 7.1.1987 hatte die Sendung "BASIC 1x1 des Programmierens" Premiere. Zur Sendung wurde Begleitmaterial kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Resonanz der Hörer war überwältigend.

Allerdings gab es auch die ersten Probleme mit den ausgestrahlten Programmen. Viele Hörer schrieben, daß sie Probleme beim Einlesen der Programme hatten. Es stellte sich heraus, daß zum Beispiel der Z1013 und der KC 85/1 empfindlicher bezüglich Signalqualität waren als der KC 85/3, auf dem die ersten Tests durchgeführt  wurden. Nach vier Sendungen  "BASIC 1x1 des Programmierens" wurde das Aufzeichnungsverfahren umgestellt - stereo, einkanalig. Als Ergebnis war eine wesentlich verbesserte Einlesbarkeit der Programme zu beobachten.

"BASIC 1x1 des Programmierens" umfaßte 20 Sendungen. Als Fortführung dieser inzwischen sehr beliebten Sendereihe wurde die 10 Sendungen umfassende Reihe "BASIC für Fortgeschrittene" konzipiert. In jeder Folge gab es inhaltliche Schwerpunkte, so z.B. Sortieralgorithmen, Kombinatorik, Einbindung von Maschinencode in BASIC usw. Hierzu gab es wiederum kostenloses Begleitmaterial.

Zweimal im Monat wurde die Reihe "BASIC 1x1 des Programmierens" wiederholt und in der 4.Woche eines Monats gab es den Software-Service. Dieser Service ermöglichte es, Programme der Hörer auszustrahlen. 1988 fand dreimal ein BASIC-Extra im Schulfunk statt, welches der Beantwortung von Hörerfragen diente. Wesentliche Bestandteile der Sendungen wurden im Computerclub von DT 64 wiederholt und führten zu einer positiven Resonanz bei den Zuhörern.

Oft wurde der Wunsch nach Programmierkursen in Maschinencode, Pascal oder Forth geäußert, auch wollten die Hörer mehr Informationen zu neuer Computertechnik, Literatur sowie Hard- und Softwaretips. Es reiften Überlegungen bezüglich eines Computermagazins, welches all diese Wünsche vereinen konnte - und so entstand "REM - das Computermagazin". REM war seit Beginn im Januar 1989 eine durchmoderierte halbstündige Sendung. Es gab sowohl Programme für die unterschiedlichsten  Computertypen (KC-Reihe, Z1013, AC1) als auch Tips, Tricks und Gespräche mit Computerfreunden. 

Ab März 1989 gab es den 7 Folgen umfassenden Kurs "Einführung in Maschinencode" für den Mikroprozessor U880/Z80 unter Leitung von Prof. Völz.
Diese Sendungen konnte man jeden Mittwoch um 17.00 Uhr im Schulfunk von Radio DDR II und am Sonnabend ab 15.15 Uhr im Computerclub von DT 64 empfangen. 


Hörernähe

Hörernähe war auch bei diesen Sendungen von großer Bedeutung. Fragen wurden beantwortet, Programme der Hörer wurden veröffentlicht und Kontakte zu Computerclubs wurden gefördert und gepflegt. 

Wichtig war ebenso die Zusammenarbeit mit anderen Medien. So gab es bereits im Sommer 1987 ein umfangreiches URANIA-Sonderheft, in dem der Programmierkurs "BASIC 1x1 des Programmierens" abgedruckt war. Das Heft wurde in 200 000 Exemplaren verkauft. Später gab es die Fortsetzung  "BASIC für Fortgeschrittene".

In Zusammenarbeit mit dem VEB Deutsche Schallplatte wurde der Kurs auf Kassette produziert und als Geschenkbox weit über 10 000 verkauft. (siehe hierzu auch Prof. Völz, Verkaufszahlen aus dem Jahre 1988)


Programmübertragung - BASICODE

Ein Hörer aus dem damaligen Berlin (West), Friedrich Dormeier, machte den Rundfunk der DDR auf die Entwicklung BASICODE aus den Niederlanden aufmerksam. Zum Ende des Jahres 1987 wurden Kontakte mit der Stiftung BASICODE geknüpft. Seitdem kam es zum regen Erfahrungs- und Informationsaustausch. 

Die ersten Implementierungen von BASICODE wurden von Uwe und Andreas Zierott im Sommer 1988 entwickelt. Weitere Bascoder entstanden für den Atari (Andreas Graf), AC 1 (Frank Heyder) und den Z 1013 (Martin Duchrow).

Seit  September 1989 war dann BASICODE im Rundfunk-Einsatz. Im Rahmen des Computermagazins REM wurde ein Kurs "Programmieren in BASICODE" durchgeführt, unterstützt durch Herrn Professor Völz und der Stiftung BASICODE (besonders Jacob Haurich). Die Resonanz war wieder einmal überwältigend. So wurde das Begleitmaterial zum BASICODE-Kurs bis Ende Oktober 1989 10000-mal verschickt.

Etwas vollkommen neues war die Produktion von Programmen auf Schallplatte. Auf ihr waren verschiedene BASCODER für in- und ausländische Rechner.