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Corinna Bath, Ralf E. Streibl, Ulrike Wilkens

Informatik im interdisziplinären Kontext: Wie wird Identität konstruiert?





Die Rückschau



Informatik ist nur im interdisziplinären Kontext zu betreiben und zu verstehen.

Dieser Satz käme einer Beschreibung unserer gemeinsamen Erkenntnis am nächsten, wenn sich die Arbeit in der AG "Informatik als Hybridwissenschaft" auf der Arbeitstagung 2002 überhaupt kurz zusammenfassen ließe.

Die Frage nach Erhaltung und Entwicklung der Informatik stand im Zentrum der Diskus­sion. Wir Teilnehmenden haben uns in konstruktiver Atmosphäre darüber gestritten, ob wir Antworten auf die Frage "Was ist Informatik?" überhaupt suchen wollen und ob Antworten auf die Frage "Was tut Informatik?" ausreichen, um Informatik als Disziplin zu beschreiben und ihre Grenzen - als Identifikationsmerkmal oder als Begegnungsraum - zu definieren. Es gab Bestrebungen, die Disziplin als etwas "Geschlossenes" zu beschreiben, und es wurde der Ansatz vertreten, Informatik aus ihrer Entwicklung heraus zu verstehen und als "kulturellen Prozess" zu erklären. Beide Auffassungen haben ihre Berechtigung und können nebenein­ander bestehen, wenn man das eine als Momentaufnahme aus einer bestimmten Perspektive und das andere als Prozess der Identitätsbildung in unterschiedlichen Kontexten begreift.

Die Kooperation mit anderen Disziplinen haben wir als zentralen Aspekt ausgemacht, durch den die Erhaltung und Entwicklung der Informatik geprägt wird. Dies führen wir auf den speziellen Charakter informatischen Tuns zurück:
Gegenstand der Informatik ist die Formalisierung und Algorithmisierung von Prozessen aus allen Lebensbereichen. Die daraus resultierenden Produkte stellen InformatikerInnen den Menschen zur Verfügung. Die Wirksamkeit der Produkte wird entfaltet, wenn sie von Menschen in Gebrauch genommen werden. Wesen und Wirksamkeit informatischer Zeichen (Software) resultieren also insbesondere aus ihrem Doppelcharakter, zugleich Signal für die Maschine und Zeichen für den Menschen sein zu können. Informatik betreiben heißt, die gegensätzlichen Welten von Menschen und Maschinen mittels formaler Ausdrücke zu hybridisieren. Soll dies verantwortungsvoll geschehen, sind InformatikerInnen auf die Kooperation mit Nachbardisziplinen angewiesen.

Dieser Begriff wirft allerdings neue Fragen auf: Es muss bestimmt werden, wodurch die Zugehörigkeit zu dieser Kategorie definiert wird, welcher Art die Beziehung ist und ob sich möglicherweise der Grad von Nähe oder Distanz bestimmen lässt. Die Antworten fallen unterschiedlich aus, je nachdem, ob wir Informatik als Wissen­schaft (Forschung und Bildung) oder als Praxis betreiben, ob wir Informatik eng oder weit auffassen, auch abhängig davon, in welchem Teilgebiet der Informatik wir uns bewegen und auf welche Gegenstände sich unsere Sicht konzentriert.

Also alles mehrdimensional und sowieso ein multifaktorielles Bedingungsgefüge - und damit beliebig? Ganz bestimmt nicht.





Der Ausblick



Wir betrachten Informatik als kulturelle Entwicklung im Kontext.

Auf diesen Ausgangspunkt für eine neue Arbeitsgruppe im Jahr 2003 haben wir uns ge­einigt. Wir wollen die Arbeit der AG "Informatik als Hybridwissenschaft" unter diesem Aspekt fortführen und Ansätze aufgreifen, die in den anderen beiden Arbeitsgruppen - der AG "Kulturelle und Geschlechterperspektiven auf die Informatik" und der AG "Havarie und Sanierung. Theorie der Anwendungen der Informatik" - diskutiert wurden. Kein Zufall und ein Glücksfall, dass die Einladung zu einer neuen Arbeitsgruppe in 2003 von drei Bremer Wis­senschaftlerInnen vorbereitet wird, die in 2002 jeweils in einer der drei AGs mitgearbeitet haben.

Die Frage nach dem Verhältnis von Erhaltung und Entwicklung bleibt im Zentrum. Wir fragen nach der Wechselwirkung zwischen der Disziplin Informatik und dem gesell­schaft­lichen, transkulturellen und interdisziplinären Kontext, in dem sie betrieben wird. Wir fassen dies auf als Frage nach der Konstruktion von Identität.

Mit Bezug auf diese Begriffe wollen wir der Theoriesuche eine besondere Rich­tung geben. Wir erwarten dadurch interessante und - eben - richtungweisende Antworten auf unsere Frage.





Die Frage



Wie wird Identität konstruiert?

Als Aussage gewendet, stellen wir mit dieser Frage zwei Annahmen zur Diskussion:

Erstens: Zu jeden Zeitpunkt lässt sich sowohl für die Informatik als auch für Informa­tikerInnen eine Identität bestimmen..

Zweitens: Identität wird im gesellschaftlichen Kontext konstruiert. Es interessieren weniger die Ergebnisse als vielmehr die Mechanismen, die zur Identitätsbildung beitragen:
Als Zuschreibung von Identität "von außen", also fremdgesteuerte Konstruktion oder Gestaltung durch Kulturen, Institutionen, Interessenverbände, Gruppen...
Und als Konstruktion von Wirklichkeit "von innen", durch das Individuum, das sich kontextabhängig verschiedene Identitäten zu eigen macht.



Wir differenzieren die Fragestellung und unser Vorgehen, indem wir drei "Untersuchungsdesigns" zur Auswahl stellen



1. Wie entwickelt sich Fachidentität durch interdisziplinäre Erfahrungen?

Wir wollen einen Querschnitt durch den Gegenstandsbereich betrachten und verschiedene Fachdisziplinen in den Blick nehmen. Uns interessieren Formen der Verbindung der Informatik mit anderen Disziplinen. Wir wollen Fallbeispiele sammeln, aus denen sich Rückschlüsse über den Einfluss transkultureller oder interdisziplinärer Erfahrungen auf die Herausbildung von Fachidentität(en) ziehen lassen. Wohin führt die Begegnung zwischen den Disziplinen und den Fachkulturen? Ändert sich das Selbstverständnis? Entwickeln sich neue Umgangsformen, Interaktionsmuster? Werden Beziehungen neu definiert? Und können wir aus der Identitätsbildung in anderen Fachdisziplinen Rückschlüsse auf die auf die Entwicklung der Informatik ziehen?



2. Welche Schließungsprozesse finden durch die Professionalisierung der Informatik statt?

Hier konzentrieren wir uns auf die Frage der Professionalisierung im Zeitwandel. Wir gehen davon aus, dass die Identität des Faches Informatik und der darin wirkenden Menschen durch Formalismen, Ordnungen, Rituale etc. beschrieben und durch Lehrbücher, Konferenzen, Zitierpraktiken uvm. gesichert wird. Von der Etablie­rung des ersten Informatikstudiengangs bis zur aktuell allerorten zu beobachtenden Differen­zierung in modularisierte und gestufte Spezialstudiengänge mit Informatikanteilen lassen sich durch die Zeit wissenschafts-, bildungs- und technologiepolitische Maßnahmen und Mecha­nis­men identifizieren, die die formale Existenz der Disziplin sichern und die professionelle Identität ihrer Mitglieder prägen. Rahmenprüfungsordnungen, Curricula, Abschlüsse, Zerti­fikate, Zulassungsrituale, professionelle Berufsverbände, Förderprogramme, ethische Richtlinien... Wie etabliert und verändert sich die Identität des Faches durch seine Professionalisierung? Und welche Möglichkeiten gibt es, Festschreibungen und Schließungen aufzubrechen?



3.Wie geht die Sozialisierung von Studierenden der Informatik vonstatten?

Mit dieser Frage nehmen wir eine längsschnittliche Perspektive auf die Studierenden in der Informatik ein: Welche Identität versuchen wir zu stiften? Welche Orientierung können wir benennen, vermitteln, erzeugen...? Bilden wir TechnikerInnen, IngenieurInnen, GestalterInnen aus? Welche Möglichkeiten haben und benutzen wir, um Orientierungen in unserem Sinne zu geben? Mit welchem Selbstverständnis verlassen Studierende nach einem Informatik­studium die Universität? Sagen Studierende: "Ich bin Informatikerin!" oder sagen sie: "Ich habe mal Informatik studiert und arbeite jetzt das und das..."? Und welche Einflüsse auf das Selbstverständnis hat die berufliche Praxis, die den Studierenden nach dem Abschluss eines Informatikstudiums offen steht (oder nicht mehr offen steht)? (Wie) hat sich die Identität der Absolventen seit Bestehen der Informatik geändert? Welche Veränderungen wünschen wir uns hier?





Die Beiträge



Wir haben den Aufruf zur Mitarbeit in unserer AG und die Bitte um eigene Beiträge also als Frage formuliert.

Wir wünschen uns für die Arbeitsgruppe, dass Sie sich bei dem Entwurf Ihrer Beiträge auf eines dieser Untersuchungsdesigns einlassen, eventuell auch zwei Perspektiven miteinander kombinieren, wenn Sie so bestimmten Aspekten, die Ihnen als Theoriesuchenden besonders am Herzen liegen, am besten gerecht werden können.

Wir erhoffen uns Beiträge in Form von Fallbeispielen, Analysen, Antworten. Erlaubt sind auch unverrückbare Positionen, theoretische Betrachtungen, das Aufwerfen neuer Fragen oder das vorsichtige Anmelden von Zweifel.



Wir sind neugierig und gespannt.

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