Was ist ein Autor?

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Inhaltsverzeichnis

Gliederung

Einleitung, Hinführung, Motivation

In diesem Esssay soll die Geschichte des Autors etwas beleuchtet werden. Das klingt vielleicht in ersten Moment etwas sonderbar. Auch der Bezug zum Urheberrecht mag sich nicht sofort erschließen, Was soll das sein die Geschichte des Autor? Welches Autors usw. Deshalb eine kleine Motivationshilfe. Wenn wir an frühe Aufzeichnungen oder Schriftstücke denken, wie Höhlenmalereien, Keilschriften (Ugarithymnus) und Ähnliches, so fällt auf, dass es hier keine Autorenangabe gibt. Und auch später scheint die Eigenschaft, "Autor eines Werkes"zu sein, nicht die selbe Bedeutung zu haben wie heute. Das Seikloslied kennt keinen Autor, die großen Wissenschaftler wie Pythagoras und Euklid veröffentlichen ihr gesammeltes Wissen, dieses ist aber auch schon viele Jahre früher bekannt (wie zum Beispiel der Satz des Pythagoras). Doch dies schmälert ihre wissenschaftlichen Leistungen in keiner Weise. Niemand würde einem Pythagoras einen Plagiatsvorwurf machen, weil auch seine Schüler unter seinem Namen veröffentlicht haben, und ebenso nicht Euklid, dessen Leistung vor allem in der Art und Weise des - etwas überspitzt formuliert - Abschreibens liegt. Euklid ist der Schreiber des ersten nahezu vollständig und systematisch, Mathematiklehrbuchs, den Elementen. Auch der andere Weltbestseller dieser und späterer Jahrhunderte, die Werke Platons und auch die Bibel werfen Fragen bezüglich der Autorenschaft auf. So ist unklar welche der Texte, die unter Platons Namen veröffentlicht wurden tatsächlich von ihm stammen und im Zuge der Kanonisierung der Bibel stellte sich immer wieder die Frage nach der Echtheit des Wortes Gottes. Ich möchte für die weitere Betrachtung nun in die Zeit des Mittelalters eintauchen, um hier der Stellung des Autors nachzugehen. Wobei ich hier Autorenschaft etwas weiter fassen werde, als im Sinne eines Buchautors. So werde ich versuchen auch den Vergleich zur Musik herzustellen. Andere Künste, wie die Bildhauerei, die Malerei oder das Theater habe ich leider auslassen müssen.

Das Mittelalter

Das frühe Mittelalter

So geht es nun also ins düstere Mittelalter, in die sogenannten dunklen Jahre des christlichen Abendlandes. Hier müssen wir uns zuerst klar machen, dass es einen Bruch gab zwischen Antike und Mittelalter. Währrend ich das antike Griechenland für eine literale beziehungsweise für eine sich auf der Schwelle zur Literalität befindende Gesellschaft halte, das heißt für eine Gesellschaft, in der das geschriebene Wort - Schrift - unabhängig vomgesprochenen Wort seine Bedeutung hat und in der diese auch deutlich wahrgenommen wird. Dieses Behaupte ich trotzdem ich weiß, dass die Schrift im Verhältnis zur Rede damals äußerst umstritten war. So legt Platon Spkrates in den Mund:

"SOKRATES: Wer also eine Kunst in Schriften hinterläßt, und auch wer sie aufnimmt, in der Meinung, daß etwas Deutliches und Sicheres durch die Buchstaben kommen könne, der ist einfältig genug und weiß in Wahrheit nichts von der Weissagung des Ammon, wenn er glaubt, geschriebene Reden wären noch sonst etwas als nur demjenigen zur Erinnerung, der schon das weiß, worüber sie geschrieben sind. PHAIDROS: Sehr richtig. SOKRATES: Denn dieses Schlimme hat doch die Schrift, Phaidros, und ist darin ganz eigentlich der Malerei ähnlich; denn auch diese stellt ihre Ausgeburten hin als lebend, wenn man sie aber etwas fragt, so schweigen sie gar ehrwürdig still. Ebenso auch die Schriften. Du könntest glauben, sie sprächen, als verständen sie etwas, fragst du sie aber lernbegierig über das Gesagte, so enthalten sie doch nur ein und dasselbe stets. Ist sie aber einmal[e]geschrieben, so schweift auch überall jede Rede gleichermaßen unter denen umher, die sie verstehen, und unter denen, für die sie nicht gehört, und versteht nicht, zu wem sie reden soll, und zu wem nicht. Und wird sie beleidigt oder unverdienterweise beschimpft, so bedarf sie immer ihres Vaters Hilfe; denn selbst ist sie weder sich zu schützen noch zu helfen imstande. PHAIDROS: Auch hierin hast du ganz recht gesprochen. SOKRATES: Wie aber? wollen wir nicht nach einer anderen Rede sehen, der Schwester von dieser, wie die echte entsteht, und wieviel besser und kräftiger als jene sie gedeiht? PHAIDROS: Welche doch meinst du, und wie soll sie entstehen? SOKRATES: Welche mit Einsicht geschrieben wird in des Lernenden Seele, wohl imstande sich selbst zu helfen, und wohl wissend zu reden und zu schweigen, gegen wen sie beides soll. PHAIDROS: Du meinst die lebende und beseelte Rede des wahrhaft Wissenden, von der man die geschriebene mit Recht wie ein Schattenbild ansehn könnte."

(http://www.textlog.de/34993.html Platon, Phaidros in der Übersetzung von Schleiermacher 1826, 22.11.2006)

Doch auch Platon scheint sich hier der Bedeutung der Schrift sehr bewusst zu sein, er schreibt ebendiesen Text auf. Im frühen Mittelalter hingegen hat es eine Art Rückschritt gegeben. Schrift wird fast ausschließlich in Klöstern verwendet. Hier wird nicht gelesen, hier wird nachgesprochen. Das Lesen geschieht laut und dient der Studie der heiligen Schrift. Das geschriebene Wort verliert ihre eigenständige Bedeutung und dient nur noch als reines Speichermedium für das gesprochene Wort. Das Wort, dass so kodiert wird ist die Bibel, was die schrift wiederum aufwertet und zu etwas heiligem macht. Dies hat zur Folge, dass Bücher - besser gesagt Kodizes - nur einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung zur Verfügung stehen. Bücher werden in dieser in dieser Zeit nicht im heutigen Sinne "geschrieben" sie werden peinlichst genau kopiert - es geht hierbei schließlich um das Wort Gottes. Schreiben ist hier kein kreativer Prozess, sondern Gottesdienst. Ein Ähnliches Phänomen zeigt sich in dieser Zeit auch in der Musik. Hier entwickeln sich die sogenannten Neumen [mittellateinisch neuma aus griechisch pneũma »Atem«]. Diese dienen der Kodierung von Tonhöhen und -längen. Doch auch hier geht es nicht so sehr um einen künstlerischen Anspruch. Der Rhytmus ist stark vom Text geprägt. Hier steht die Meditation im Vordergrund - Singen, als Gottesdienst, als andere Form des Lesens der Heiligen Schrift. Text und Melodie gehen eine enge Beziehung miteinander ein.

(http://lexikon.meyers.de/meyers/Neumen Meyers Lexikon online 2.0 28.6.2008)

Sowohl das monastische Lesen, als auch das monastische Singen des frühen mittelalters sind nicht für die Aufführung vor einem größeres Publikum konzipiert. Autorenschaft spielt bei solchen Werken keine Rolle. Es geht nicht um Besitz, denn alles - vom der Schreiben und Lesen bis zum Singen - ist Gott geweiht. Nun stellt sich die Frage, wie es zu einem neuen Verständnis von Scheiben und Musizieren kommt.

Das Hoch- und Spätmittelalter

Das hoch- und spätmittelalterliche Kloster

Um zu erörtern, wie es zu ebendiesem neuen Verständnis von Schreiben und Musizieren kommt, schauen wir zunächst in den Bereich der Klöster. Es kommt ab dem Hochmittelalter zu einem starken Bevölkerungswachstum, was einen zunehmenden Siedlungsdruck Richtung Osten, aber auch innerhallb West- und Mitteleuropas gab es eine enorme Bevölkerungszunahme. Dies hatte zur Folge, dass in dieser Zeit die Infrastruktur stark ausgebaut wurde. So wurden neue Klöster gebaut. Mehrere Orden beteiligten sich am Ausbau und der Erschließung der neuen Gebiete. So hatten die Zisterzienser und die Prämonstratenserorden in dieser Zeit eine wahre Blütezeit mit vielen Klosterneugründungen im vom heutigen Mecklenburg über das heutige Brandenburg (Klöster in Chorin, Lehnin, u.s.w.) bis ins heutige Tschechien (hier zum Beispiel vom bayrischen Waldsassen aus nach Ossegg). Hier wurde nun aber auch ein Austausch von Bücher im Allgemainen und die Anfertigung neuer Kopien von christlichen Texten im Speziellen immer wichtiger. Dies wird durch die spätere Gründung der Orden der Franziskaner und der Dominikaner noch verstärkt. So entwickelt sich ein reger Austausch von Büchern zwischen den einzelnen Klöstern untereinander. Auch wurden zunehmend Skriptorien, also Schreibstuben, in den einzelnen Klöstern zu einem festen Bestandteil. In manchen Klöstern nehmen diese Schreibstuben Dimensionen an, die schon fast industriell sind. Mehrere Schreiber hören einem Diktator zu. In diesem Zusammenhang steigt nicht nur die Bedeutung der Frage: "Wem gehört dieses Buch?", sondern es wird auch zunehmend kommentiert. Der Schreiber, als Empfänger eines Diktats eines anderen Mönchs (beziehungsweise eines anderen kirchlichen Würdenträgers), dem Diktor, wandelt sich zum Kompilator, der Diktiertes korrigiert, oder Bemerkungen des Diktators anfügt. Diese Bemerkungen werden in dieser Zeit immer Umfangreicher. Bis zu dem Punkt, dass der Schreiber selbst kommentiert, zum Komentator, oder noch später zum Autor wird. Hier löst sich das geschriebene Wort von seiner Funktion als einfache Gedächtnisstütze. Das leise Lesen bekommt durch die stark gewachsenen Klöster eine größere Bedeutung - wer leise ließt kann auch in Ruhezeiten lesen. Es beginnt der gesellschaftliche Übergang von der Oralität zur Literalität. Der Schreiber tritt vor den Text und bekommt eine Funktion. Er hat etwas zu sagen und lässt sich auf einen Diskurs mit anderen ein. Es spielt plötzlich eine Rolle, wer was gasagt hat - die Funktion "Autor zu sein" entsteht. Als anderer Effekt ist zu beobachten, dass die Schrift ihre Heiligkeit verliert. Wurde vorher nur das Wort Gottes aufgeschrieben, welches uneingeschränkten Wahrheitsanspruch hatte und sich so der Debatte entzog, so muss sich das geschriebene Wort jetzt der Diskusion, der Analyse, der Auseinandersetzung stellen.

Blick in die Musik

In der Musik fanden zu ebendieser Zeit nach der Einführung des gregorianischen Chorals wichtige Entwicklungen statt. Ein Mönch namens Hucbald von Saint-Amand beziehungsweisen später ein unbekannter Pseude-Hucbald macht sich Gedanken über Frage, wie mehrere Stimmen gleichzeitig erklingen könnten.

(Beihefte zum Archiv der Musikwissenschaften Band 49, Musik und Sprache im Gregorianischen Gesang, Emmanuela Kohlhaas,Veröffentlicht 2001,Franz Steiner Verlag)

Hierbei wird mit Quint- und Oktavparallelen gearbeitet. Die hier entstehende Musik setzt sich nicht durch, wie auch gut hundert Jahre später die von Guido von Arezzo. Dieser gilt aber im Allgemein als Erfinder der Notenlinien zur Kodierung der Tonhöhe. Diese Notation wird noch leicht verändert, ist aber vom Prinzip her der heutigen Notenschrift deutlich näher als die früheren Neumen. Er stieß in seiner Abtei zunächst auf Wiederstand, weil es die - aus heutiger Sicht berechtigte - Befürchtung gab, die Mönche könnten die Exklusivität ihres Wissens über liturgische Gesänge verlieren. Doch diese Art der Notenschreibung setzte sich durch. In der folgenden, Notre-Dame-Schule genannten, Epoche wird der mehrstimmige Gesang weiter ausgereift. Es ist nicht eindeutig geklärt, warum diese Zeit nach der Kirche Notre-Dame de Paris benannt ist. Es wird vermutet, dass dies mit der Bedeutung der Stadt Paris, mit der Bauzeit dieser Kathedrale oder dem Charakter der Musik, die vor allen Dingen für die Aufführung in großen Kathedralen gedacht ist, zutun hat. Es wurde auch in anderen Städten mehrstimmig komponiert. Jedoch sind insgesammt wenige Werke dieser Zeit erhalten. Einer der berühmtesten Musiktheoretiker und Komponisten dieser Zeit ist Pérotin, der die zweistimmigen Organa seines Vorgängers als Magister an der Klosterkirche und Kathedrale Notre-Dame de Paris, Léonin, mithilfe vereinheitlichter Rhythmen zu drei- bis vierstimmigen Werken ausweitet. Über Pérotin ist wenig überliefert. Die meisten informationen stammen von einem Anonymus 4. In den folgenden Epochen wird die Mehrstiommigkeit weiterentwickelt. Es folgen die Ars antiqua und die Ars nova. Hie wird schon bei der Namensgebung deutlich, dass diese Begriffe aus der Zeit der Ars nova stammen. Danach folgt eine Epoche, die Niederländische Schule genannet wird. Aus dieser Zeit am Ende des Spätmittelalter sind mehrere berümte Komponisten bekannt, so zum Beispiel Giovanni Pierluigi da Palestrina, Orlando di Lasso, Heinrich Isaac, Josquin Desprez, Guillaume Dufay. Dies ist die Zeit, in der der meditative Charakter der Musik gänzlich an Wert verliert, und die Ästhetik - die Schönheit der Mehrstimmigkeit - in den Vordergrund drängt. Musik wir zum Erlebnis für viele und ist nicht mehr Privileg weniger Mönche, wie zu Zeiten von Guido von Arezzo. In dieser Situation entsteht eine Kommunikation über Musik außerhalb der kirchlichen Institutionen, die es notwendig macht einen Komponisten - den "Autor" einer Motette - zu kennen. Der Komponist Thomas Tallis treibt die Entwicklung der Mehrstimmigkeit in der Vokalmusik mit seinem berühmten - bei Sängern berüchtigten - Monumentalwerk "Spem in alium" auf die Spitze. Dieses Werk ist für acht fünfstimmige Chöre geschrieben, die im Kirchenschiff verteilt singen. Hier bekommt die Musik ihren aus der Gregorianik stammenden meditativen Charakter zurück, da der Raum der Kathedrale und die extreme Vielstimmigkeit es fast unmöglich machen, einzelne Stinmmen zu verfolgen oder zu orten. Dieses Stück ist einer der Urahnen späterer britischer Monumentalkomposition, wie sie bis heute ihre Tradition haben.


Weltliche Literatur und Musik

Ab circa dem 11.Jahrhundert wandelt sich der Umgang mit Wissen enorm. Der höhere Adel drängt in die Klosterschulen und es kommt zur Gründung erster Universitäten (so 1088 in Bologna und 1057 in Salerno). Was den Bedarf an Büchern noch weiter erhöhte. An diesen Universitäten wurden Jura und Medizin gelehrt - also die Gebiete, die an den Klosterschulen aus Sicht des damaligen Adels zu kurz gekommen sind. Außerdem war es für die weltlichen Herrscher von zunehmender Wichtigkeit, schriftkundige Beamte und Rechtsgelehrte zu haben, die nicht als Mönche dem Papst unterstanden. In Paris hingegen wurde die Universität vom Papst gegründet, um eine zentrale Ausbildungsstelle für höhere Theologie zu haben. Hier sollte für eine Reinheit der Lehre gesorgt werden. Einen weiteren Schub bei der Gründung von Universitäten brachte das abendländische Schisma. Es wurde dadurch, das es zwei Päpste gab, leichter das Privileg Kirchenrecht und Theologie unterrichten zu dürfen, zu bekommen. Diese Entwicklung beförderte den Bedarf an Gelehrten und die Kommunikation unter der Gelehrtenschaft. Auch hier findet sich einer der Gründe, warum es notwendig wurde, Schriften zu signieren.

In der Musik entsteht zu dieser Zeit auch eine weltliche Form, die heute allgemein als Minnegesang bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich vor allem um Liebeslieder und aber auch Spruchdichtungen im Sinne von Lebensweisheiten. Der Minnegesang hat eine soziale Funktion, ähnlich den Tournieren oder Jagden. Der Vortrag eines entsprechenden Liedes, gilt als eine Form der Auszeichnung und hat im Allgemeinen wohl nicht mit den wahren Gefühlen des Sängers zu tun. Bei dieser Gattung ist festzustellen, dass eine Reihe von berühmten minnesängern bekannt sind. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass diese Sänger schon vorher eine gehobene Stellung in der adligen Gesellschaft hatten. Die Gattung des Minne gesang spielt in der Folgezeit allesdings kaum noch eine Rolle beziehungsweise geht sie in anderen musikalischen Gattungen auf. Was aber erwähnenswert scheint, ist die Tatsäche, dass sich hier eine eingenständige, höfische, nicht-kirchliche Musikkultur entwickelt. Minnesänger, in diesem Sinne aufgefasst, sind die Vorgänger späterer Hofmusiker und -komponisten.

Fazit

Wir sehen, in der Zeit vor Beginn der Frühen Neuzeit veränern sich gesellschaftliche Sichtweisen zu Fragen der Bedeutung von Individualität im Allgemainen und Urheber- beziehungsweise Auforenschaft im Speziellen.

Der Schreiber wandelt sich durch den Diskurs vom bloßen Transcriptor zum Autor. Ebenso wie das Manuskript sich vom reinen Text in einen regelrechten Diskurs mit verschiedenen Ebenen und einer Art Hypertext entwicklt.

In der Musik vollzieht sich der Wandel mit der Entwicklung der Mehrstimmigkeit; angefangen beim meditativen Gottesdienst durch den Gregorianischen Choral, dem Mit-Gott-Sein in und durch die Musik; über die Entwicklung der einfachen Zweistimmigkeit; bishin zur echten Vielstimmigkeit, für die wir heute die Komponisten kennen. Der Weg von der Ein- beziehungsweise Zwei- zur Mehrstimmigkeit ist entscheidend zur Beantwortung der Fragen, seit wann es Komponisten im Sinne eines Urhebers gibt.

Und trotzdem habe ich das Gefühl, die Frage die am Anfang dieses Essays steht nicht ausreichend beantwortet zu haben. Vielleicht hilft hier ein Blickin die Moderne. Im deutschen Urheberrechtsgesetz ist hierzu zu lesen: "Urheber ist der Schöpfer des Werkes." (URhG, http://bundesrecht.juris.de/urhg/__7.html ). Juristisch ist der Autor also der Schöpfer eines Werkes. Aber was ist ein Schöpfer? Dieser Begriff hat schon fast biblischen Charakter. Ist das die Antwort? Bei Michel Foucault lesen wir in seinem Aufsatz zum Thema:

"[] die Autoren-Funktion ist mit dem rechtlichen und institutionellen System verknüpft, das das Universum der Diskurse umfasst, determiniert, gliedert. Sie wirkt nicht einheitlich und auf dieselbe Weise auf alle Diskurse zu allen Zeiten und in allen Zivilisationsformen. Sie ist nicht definiert durch die spontane Zuschreibung eines Diskurses zu seinem Produzenten, sondern dies geschieht durch eine Reihe speziefischer und komplexer Verfahren; sie verweist nicht schlicht und einfach auf ein reales Individuum; sie kann gleichzeitig mehreren Egos Raum geben, mehrere Subjekt-Positionen, die von verschiedenen Gruppen von Individuen eingenommen werden Können."

(Michel Foucault, Was ist ein Autor? aus Schriften zur Literatur, herausgegeben von Daniel Defert und Francois Ewald, übersetzt von Michael Bischoff, Hans-Dieter Gondek und Herrmann Kocyba, Suhrkamp)

Vielleicht bringt uns das weiter. Der Hinweis, dass es mehrere Individuen oder eine Gruppe von Individuen sein können, die die Funktion eines Autors einenehmen, ist am Beispiel Platons oder Pythagoras nachvollziehbar. Auch der Gedanke, dass die Funktion, Autor zu sein, zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Zivilisationsformen unterschiedlich wirkt. Lässt sich anhand der Wandelung ebendieser im Mittelalter nachvollziehen. in späteren Jahrhunderten wird in diesem Zusammenhang die Autoren-Funktion viel stärker mit der Möglichkeit der Verfolgung verbunden sein. Und das die Autoren-Funktion mit dem "System, das das Universum der Diskurse umfasst, determiniert und gliedert[, verknüpft ist]", sehen wir auch an dem angeführten Beispielen. Der Autor entsteht erst im Diskurs. Ebenso tritt der Komponist oder Minnesänger erst mit dem Widerstreit unterschiedlicher Stimmen in Erscheinung. Ähnliches vollzieht sich auch in der Malerei in dieser Zeit. Es entstehen Bilder mit Hintergrund - eine neue Dimension - und mit Tiefe, die Raum lässt für einen Maler oder ein Kürzel wie AD. Damit will ich diesen Essay beenden. Ich weiß um seine Unvollständigkeit und die Fragen, die sich aufdrängen. Es gibt noch viele wohl auch deutlich entscheidendere und einflussreiche Ereignisse, wie die Erfindung des Buchdruck, die bei der Beantwortung der Frage nach dem Wesen des Autor eine Rolle spielen. Ich belasse jedoch hierbei und hoffe, dass der Leser diese letzten Bemerkungen als Anregung zu weiterforschen auffasst.