Der Prophet Jeremia beschäftigte sich allein mit dem Buch Jezira.
Da erging eine himmlische Stimme und sprach: Erwirb dir einen Genossen.
Er ging zu seinem Sohn Sira, und sie studierten das Buch drei Jahre lang.
Danach gingen sie daran, die Alphabete nach den kabbalistischen Prinzipien
der Kombination, Zusammenfassung und Wortbildung zu kombinieren, und es
wurde ihnen ein Mensch geschaffen, auf dessen Stirne stand: JHWH Elohim
Emeth. Es war aber ein Messer in der Hand jenes neuerschaffenen Menschen,
mit dem er das 'aleph von 'emeth auslöschte; da blieb:
meth. Da zerriß Jeremia seine Kleider [wegen der hierdurch
implizierten Blasphemie der Inschrift: Gott der Herr ist tot! Anm. G. Scholem]
und sagte: Warum löschst du das 'aleph von 'emeth aus?
Er antwortete: Ich will dir ein Gleichnis erzählen. Ein Architekt
baute viele Häuser, Städte und Plätze, aber niemand konnte
ihm seine Kunst abmerken und es mit seinem Wissen und seiner Handfertigkeit
aufnehmen, bis ihn zwei Leute überredeten. Da lehrte er sie das Geheimnis
seiner Kunst, und sie wußten nun aües auf die richtige Weise.
Als sie sein Geheimnis und seine Fähigkeiten erlernt hatten, begannen
sie ihn mit Worten zu ärgern, bis sie sich von ihm trennten und Architekten
wie er wurden, nur daß sie alles, wofür er einen Taler nahm,
für sechs Groschen machten. Als die Leute das merkten, hörten
sie auf, den Künstler zu ehren, und kamen zu ihnen und ehrten sie
und gaben ihnen Aufträge, wenn sie einen Bau brauchten. So hat euch
Gott in seinem Bilde und seiner Gestalt und Form geschaffen. Nun aber,
wo ihr, wie Er, einen Menschen erschaffen habt, wird man sagen: Es ist
kein Gott in dieser Welt außer diesen beiden! Da sagteJeremia: Welchen
Ausweg gibt es also? Er sagte: Schreibt die Alphabete von hinten nach vorn
in jene Erde, die ihr mit gesammelter Konzentration hingestreut habt. Nur
meditiert nicht über sie in Richtung des Aufbaus, sondern vielmehr
umgekehrt. So taten sie, und jener Mensch wurde vor ihren Augen zu Staub
und Asche. Da sagte Jeremia: Wahrlich, man sollte diese Dinge nur studieren,
um die Kraft und Allmacht des Schöpfers dieser Welt zu erkennen, aber
nicht, um sie wirklich zu vollziehen.«(1)
1. Pseudepigraphon, Languedoc, Anfang des 13.Jahrhunderts,
vermutlich vonJuda ben Bathyra nach: Scholem: 234f.
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