Territorialität im Internet

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"... not outward, into the simple Mysteries of an open Sea, but inward,- branching, narrowing, compressing toward an Enigma as opaque and perilous as any in my Travels." [Thomas Pynchon, Mason & Dixon', S. 612]

"Net, Web, and counter-Net are all parts of the same whole pattern-complex - they blur into each other at innumerable points. The terms are not meant to define areas but to suggest tendencies." [Hakim Bey, The Temporary Autonomous Zone]

"The Internet was designed with no gatekeepers over new content or services. A lightweight but enforceable neutrality rule is needed to ensure that the Internet continues to thrive." [Vint Cerf über Net Neutrality, 11.8.2005]

Quellen:
Thomas Pynchon, Mason & Dixon, Henry Holt and Company, New York 1997
Hakim Bey, The Temporary Autonomous Zone, Ontological Anarchy, Poetic Terrorism, Autonomedia 1985/1991, [1]
Vint Cerf, Congress Hearing on Net Neutrality [2] --Slothrop 15:43, 27. Apr 2008 (CEST)


Inhaltsverzeichnis

TMINKed

Tecs and Territories

Physische Infrastruktur

Die Grundstruktur des Internets basiert auf einer dezentralen und nicht hierarchischen Struktur. Es gibt jedoch einige Ausnahmen. Die wichtigste ist das DNS: Seine Aufgabe ist die Übersetzung von Internetadressen (z.B. wikipedia.org) in ihre jeweiligen IP-Adressen (z.B. 91.198.174.2).
Da das Internet in den USA entstanden ist, stehen dort auch die 13 Root-Server des Internets. Technisch gesehen ist das Internet als doch streng hierarchisch organisiert.
Zwar sind sechs der Server über viele Computer auf der Welt verteilt, die Verwaltung der Top-Level-Domains koordiniert jedoch die ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) eine Organisation, die direkt dem US-amerikanischen Handelsministerium untersteht. Hier entstand das grundlegende Problem der Internet Governance. Viele Länder sind dagegen, dass alle Änderungen an den Nameservern der Zustimmung der US-Regierung bedürfen. Die USA erkennen bisher die Wichtigkeit des Internets an und verpflichten sich mit den Regierungen der anderen Länder zusammen zu arbeiten, bestehen aber auch darauf, dass die technische Struktur des Internets so bleibt, wie bisher.

Die Argumente der US-Regierung ("The United States Government intends to preserve the security and stability of the Internet's Domain Name and Addressing System (DNS))." Argumente der EU (In order to strengthen the global multi-stakeholder cooperation within Internet Governance, we decide to create a Forum. The task of this Forum is to address multidimensional and interrelated public policy issues, through the exchange and sharing of information and good practices.)
--Dunchaban

Netzwerkprotokolle

Wie bekannt entstand das Internet aus dem ursprünglich für die US-amerikanische Luftwaffe entwickelten ARPAnet. Hieraus ist 1983 das bis heute übliche IPv4 entstanden. Auch hier ist der Einfluss der USA unübersehbar. Die IANA (Internet Assigned Numbers Authority) regelt die Vergabe der IP-Adressen. Die lokale Registration der IP-Adressen weltweit wird hierbei von internationalen Unterorganisationen vorgenommen (z.B. RIPE für Europa). Da die IANA eine Unterabteilung der ICANN ist, hat die US-Regierung großen Einfluss auf zukünftige Netzprotokolle, wie z. B. IPv6. Politisch gesehen kann es hier zu Problemen kommen, da IPv6 die Unterscheidung der Datenströme nach Absender, Empfänger oder Inhalt ermöglichen kann (was bei IPv4 unmöglich war).

Die Zeit zum Thema "Das Ende der Gleichheit" vom 11.03.2008.
Heise online vom 07.05.2008
--Dunchaban

Zugang zu Technologien und Kommunikation (Digital Divide)

Der Zugang zu informationstechnischen und digialen Technologien vor allem zum Internet ist sowohl weltweit, als auch innerhalb Europas und Deutschlands ungleich verteilt. Es besteht die Befürchtung, dass Menschen ohne Zugang zu den Informationstechnologien einen Nachteil in ihren wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungschancen haben. Diese Befürchtung nennt man Digital Divide (auch Digitale Kluft oder Digital Gap)

  • Digital Divide weltweit

Industrieländer sind besser ans Internet angebunden als Entwicklungsländer. Nur ca. 4% der Afrikaner sind online. Vor allem der Mobilfunk wird weltweit als einer der wichtigsten Faktoren für Wachstum angesehen.

"Informationen bringen Märkte zum funktionieren, und Märkte schaffen Wohlstand"

  • Digital Divide in Europa und Deutschland

Vor allem im ländlichen Bereich ist es nicht möglich, einen Breitbandanschluss zu beziehen (etwa 1 Mio Haushalte in Deutschland). In der Schweiz gibt es ab 2008 das bisher einmalige Projekt, Breitbandinternet als Universaldienst per Gesetz überall zugänglich zu machen
In Europa ist die digitale Kluft zwischen Geschlechtern, Alter und Berufsstatus besonders groß:
Digital Gap zwischen den Geschlechtern: 19,9% (64,2% der männlichen, 47,3% der weiblichen Bevölkerung nutzten das Internet wenigstens gelegentlich)
Digital Gap nach Alter: 68,3% (82,8% der 20-29jährigen, 14,5% der über 60-jährigen nutzen das Internet)
Digital Gap nach Berufsstatus: 71,6% (94,5% der in Ausbildung befindlichen, 22,9% der nicht arbeitenden Bevölkerung (auch Rentner) sind online (siehe Digital Gap nach Alter))

  • Digital Divide in den USA

Digital Gap zwischen den Geschlechtern: 1,0% (59,2% der weiblichen (!), 58,2% der männlichen Bewohner sind online)
aber:
Digital Gap nach enthnischer Herkunft: 27,9% (65,1% mit weißer Hautfarbe, 37,2% lateinamerikanischer Abstammung sind online)
Digital Gap nach Beschäftigungsstatus: 27,9% (70,7% der Beschäftigten, 42,8% der Nichtbeschäftigten sind online)
Digital Gap nach Einkommen: 51,7% (mehr als 75.000$ Familieneinkommen: 82,9%, unter 15.000$ Familieneinkommen: 31,2%)

Quelle der Zahlen: Riehm/Krings Deutschland 2004, USA 2003
--Dunchaban--Smark 19:34, 7. Mai 2008 (CEST) --Slothrop 21:29, 7. Mai 2008 (CEST)

Botnets als autonome Topologie

Botnets können als manifeste Synthese autonomer Technologie und autonomer Territorien der Behandlung dieses Diskurses dienlich sein. Sie stellen eine Facette der abstrakten Topologie "Territorialität im Internet" dar, die gleichzeitig als technologisches und theoretisches Modell der Problematik des Begriffs analysiert werden kann. Als distribuierter Komplex von Software Bots, die, wie im Falle eines niederländischen Botnets im Jahr 2005 auf 1,5 Mio. [3], im unlängst entdeckten Kraken auf 400000 Rechnern [4] mit Internetanbindung als sogenannte Zombies unentdeckt aktiv sind, bilden Botnets eine signifikante Komponente der Frage danach, was Territorialität im Internet heißen kann, ab, während gleichzeitig Diskurse auf den Gebieten rechtlicher Fragestellungen und dem der Internet Governance relevant werden. Im US Militär werden momentan Stimmen laut, die Army solle selbst ein Botnet betreiben, um einerseits DDoS Attacken auf Regierungsnetzen entgegenzuwirken und andererseits die Netzwerke von "unfriendlies" attackieren zu können. Col. Charles W. Williamson III., der in seinem Artikel "Carpet Bombing in Cyberspace - Why America needs a military botnet" die Strategie dazu liefert, schlägt vor, nicht zivile Computer unwissentlich in Zombies zu verwandeln, sondern gezielt Militärrechner zu einem af.mil Botnet zusammen zu schließen.

Auf die technischen Spezifika von Software Bots und Botnets wird hier vorerst nicht en detail eingegangen, da das Thema als Beispiel und Modell dienen soll.--Slothrop 10:20, 13. Mai 2008 (CEST)

Macht

Es gibt mehrere Interessengruppen, die darauf bedacht sind, ihren Einfluss auf das Internet beizubehalten oder zu verstärken. Beim Machtaspekt verläuft der Diskurs entlang mehrerer großer Streitfragen, die jeweils ihre eigenen Beteiligten haben. Hier steht in erster Linie die Frage im Vordergrund, ob das Internet einer zentralen Kontrollinstanz unterworfen werden soll, oder ob die Regulierungsmacht mehreren territorialen Instanzen anzuvertrauen ist.--Smark 14:10, 7. Mai 2008 (CEST)


Territoriale Machtansprüche in virtuellen Welten - ein Beispiel

Das Internet verschärft bzw. löst (je nach Herangehensweise) insbesondere dort Probleme, wo staatliche Organe Gesetze gegen konkrete Straftaten durchsetzen wollen. Die dezentrale Struktur der Inhalteanbieter - einen Webserver kann so gut wie jeder überall dort ins Internet einstöpseln, wo es einen Netzzugang gibt - beschränkt die Ermittlungen und vor allem den Zugriff nationaler Strafverfolgungsbehörden auf eben jene Rechner, die in ihrem Einflußbereich für Straftaten genutzt werden. Transnationale Aktionen sind zwischen den in diesem Aspekt eher behäbigen nationalen Apparaten die Ausnahmen und setzen entsprechende zwischenstaatliche Abkommen voraus. Fehlen diese oder fehlt es am politischen Willen, diese anzuwenden (etwa weil etwas hier als Verbrechen gilt, was dort keines ist) endet die Strafverfolgung hinter der eigenen Haustür.

Als aktuelles Beispiel sei die "Zerschlagung" des Forums hacksector.cc angeführt [5]. Spektakulär (siehe Kommunikation) war anfangs von 30.000 Verdächtigen die Rede, während nun gegen 11 junge Menschen aus Deutschland ermittelt wird und 20 private Rechner beschlagnahmt wurden. Die Server blieben unbehelligt - sie stehen in den USA und sind dem Zugriff der deutschen Ermittler bislang nicht zugänglich.

Das Spiegeln von Websites, die von nationalen Behörden geschlossen worden waren, ist inzwischen zu einem Massenphänomen im Netz geworden. NS-Propaganda kann außerhalb Deutschlands unbehelligt angeboten werden, per http oder in Filesharing-Netzen. Auch Seriennummern zum Freischalten von Software-Raubkopien liegen auf obskuren Servern herum und sind dennoch für jeden Internetnutzer überall verwendbar - Gelegenheit schafft Diebe. Die Kontrolle dieses unübersichtlichen übernationalen Raumes mit nationalstaatlichen Mitteln ist entweder enorm aufwändig (siehe Zensur des Internets, insbesondere The Great Chinese Firewall) oder nicht leistbar, ohne andere auf das Internet angewiesene Bereiche zu schädigen. Die klassischen Instrumente staatlicher Autorität werden richten müssen, was technisch kaum lösbar ist: Abschreckend hohe Strafen für (vermeintliche) Internetkriminelle. --Worf 08:32, 7. Mai 2008 (CEST)


Regulierungsorgane (Internet Governance) - Regierung und private Hand

Die Frage nach einer Regulierung des Internets entstand 1991, als das Internet privaten Firmen zugänglich wurde [siehe auch Historie - Net Neutrality]. Bis dato wurde alle Infrastruktur von (meist amerikanischen) wissenschaftlichen Institutionen bereitgestellt, welche auch die Hauptnutzer waren. Zum Problem wurde die fehlende übernationale Regulierung/Regierung des Internets seit dem Ende der 90er, als eCommerce und Datenaustausch über das Internet sich stark ausweiteten. Unter Regulierung des Internets werden zweierlei Dinge verstanden. Zum einen müssen zur Gewährleistung des ungehinderten Datenverkehrs gewisse Normen und Standards eingehalten werden, sowie ein einheitliches Adresssystem bestehen. Hierum kümmert sich die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Die ICANN ist eine US-Amerikanische Institution. Zum anderen gibt es aber keine Kontrollinstanz, die länderübergreifend Kriminalität und schlechte Geschäftspraktiken verfolgen kann. Da die Infrastruktur des Internets fast ausschließlich in privater Hand ist, wäre es schwierig, die Beschlüsse einer solchen Kontrollinstanz durchzusetzen.Cerf sees government control of Internet failing Bei der Regulierung des Internets gibt es zwei wichtige Gruppen, für die eine Regelung der Internet Governance mit eindeutigem Machtgewinn oder Machtverlust einhergehen wird: zum einen die Regierungen der Länder, in denen das Internet eine wirtschaftliche Rolle spielt, zum anderen die Firmen, denen die Infrastrukutur des Internets gehört. Diese sträuben sich häufig gegen regulatorische Einflussnahme der Regierungen, z.B. gegen die Herausgabe von Nutzerdaten, da dies als Geschäftsschädigend angesehen wird. --Smark 13:28, 7. Mai 2008 (CEST)


Welches Land hat die Macht im Netz? - Die USA und der Rest der Welt

Parallel zu der Frage, ob das Internet einer zentralen Regulierungsbehörde unterworfen werden soll, besteht innerhalb des Lagers der Regierungen der Disput, welchen Ländern wieviel Macht bei der Überwachung des Netzes eingeräumt werden soll. Die ICANN als einzige international anerkannte Regulierungsinstanz des Internets ist eine nationale, nichtkommerzielle Organisation (siehe Abschnitt "Regulierungsorgane"). Als solche untersteht sie dem US-Handelsministerium und hat die US-Regierung zumindest auf die finanzielle Planung der ICANN einen direkten Einfluss. Dieser Einfluss, gepaart mit dem Vorwurf mangelnder Transparenz seitens der internationalen Gemeinschaft, führt immer wieder zu Forderungen, die ICANN in eine unabhängige supranationale Organisation umzuwandeln. Dass Bedenken gegen die US-Amerikanische Dominanz des Internets berechtigt sind, zeigt das Beispiel einer britischen Reiseagentur, die Reisen nach Kuba verkauft: US.gov disappears European-owned Cuba websites. Hier wollen vor allem die Länder der EU an Einfluss gewinnen, da hier die Angst besteht, dass die USA ihre Kontrolle über das Internet zu ihrem Wirtschaftlichen Vorteil einsetzen könnten. Die US-Regierung und konservative Thinktanks wie iGrowthGlobal wollen das Joint Project Agreement (JPA) zwischen ICANN und dem Department of Commerce jedoch beibehalten. Die ICANN ist sich jedoch ihrer internationalen Bedeutung bewusst und strebt keine Erneuerung des JPA an, was als Indikator für den schwindenden Einfluss der US-Regierung gesehen werden kann. Zugleich würde die ICANN trotzdem eine kalifornische Organisation bleiben, und es ist fraglich, ob durch eine eine Auflösung des JPA die ICANN wichtige Probleme, wie die Lokalisierung von Adressen in nichtleinischen Schriften nachdrücklicher angeht ICANN looks toward end of US agreement. --Smark 12:02, 7. Mai 2008 (CEST) --Slothrop 12:49, 7. Mai 2008 (CEST) --Slothrop 21:12, 7. Mai 2008 (CEST) --Smark 13:16, 19. Mai 2008 (CEST)

The Great Chinese Firewall - Regime und Bürger

Da es keinen Konsens unter den Regierungen der Welt darüber gibt, wie das Internet zu regulieren sei und sich die privaten Besitzer der Infrastruktur gegen weitergehende staatliche Einflussnahme wehren, haben einige Länder begonnen, ihr Territorium teilweise vom Rest des Internets abzuschotten. Die Gründe liegen hierbei hauptsächlich im politischen Bereich und nicht auf dem Gebiet der Kriminalitätsbekämpfung. Als Beispiel sei das Chinesische Projekt "Goldener Schild" genannt, ein international einzigartiges Unterfangen, sämtliche Inhalte, die aus der Volksrepublik China (ohne spezielle administrative Regionen) abgerufen werden, zu zensieren. Hier will eine Regierung ihre Macht behaupten, indem sie ihren Bürgern Inhalte vorenthält, die als Gefährdung für diesen Machtanspruch gesehen werden. Die Bürger wiederum versuchen, diese Beschränkungen zu umgehen, indem sie Techniken benutzen, um die Zensurmechanismen auszuhebeln. Der "Goldene Schild" verhindert nicht effizient, dass Chinesen gewisse Inhalte erreichen können. Dies liegt zum einen an der Datenmenge, die gefiltert werden muss: Es ist technisch nicht möglich, den Zugang zu allen potenziell regimekritischen Seiten zu behindern, da sich die Angebote im Internet zu schnell ändern und die anfallenden Datenmengen zu groß sind. Zugleich werden die Inhalte denzentral unter Einsatz verschiedenster Techniken gefiltert, so dass z.B. Webseiten in einer Provinz erreichbar sind, in einer Nachbarprovinz jedoch nicht. Außerdem werden Inhalte (z.B. in Foren) von Hand zensiert, was selten effektiv ist. Zum anderen entstehen jede Woche neue Techniken und Programme zum Umgehen der Zensur, was viele verwendete Filtermethoden hinfällig macht. Die eigentliche Stärke der Chinesischen Online-Zensur liegt woanders: Durch die trotz aller Unzulänglichleiten massiven Eingriffe in den Datenverkehr seitens der Regierung und die Einführung einer öffentlich sichtbaren Überwachunskampagne im Internet wurde eine Atmosphäre der Angst vor Repressalien geschaffen. Dadurch üben viele Webseitenbetreiber Selbstzensur und viele Internetforen beschäftigen eigene Zensur-Administratoren.--Smark 14:37, 7. Mai 2008 (CEST) --Slothrop 21:15, 7. Mai 2008 (CEST)



Ideologie

In der Diskussion um Internet Governance scheinen jene Ideologien durch, die auch in anderen Bereichen in internationalen Konflikten bestimmend sind. Maßnahmen zur Terrorabwehr kollidieren auch im Netz mit dem Schutz der Privatsphäre und der Gewährleistung von Meinungsfreiheit. Mit dem Schutz der Bevölkerung werden Zensurmaßnahmen ebenso legitimiert wie Backdoors für Geheimdienste in Kryptoverfahren.

Ganz im Sinne neoliberalistischen Wirtschaftens ist Infrastruktur und Zugang zum Netz heute zu einem großen Teil in privater Hand. Kommerzielle Interessen haben die technische Entwicklung voran getrieben und Konsumbedürfnisse werden heute sowohl von Anbietern wie Amazon als auch in Filesharingbörsen bedient. Zahlreiche Akteure insbesondere aus der Medienindustrie wissen nachwievor mit den neuen Möglichkeiten zur Nutzerbeteiligung nicht wirklich umzugehen. Newsgroups, Blogger und Open Access haben den Medienmarkt freier gemacht, als es den jahrzehntelang in Oligopolen vor sich hin dösenden Verlagen lieb sein kann. Die massive Verschiebung in der Organisation von Wissen und Berichterstattung, die der zunehmend tragenden Rolle von Blogs zugeschrieben wird, und das damit verbundene abzusehende Ende der Medienlandschaft, wie wir sie kennen, wird jedoch ausbleiben. Es scheint, das Internet eignet sich nicht als revolutionäres Medium in dem Sinne, dass es zu drastischen, spontanen Umwälzungen kommt. Große Merger wie Google/YouTube illustrieren die erneute Monopolisierung der angeblich grassrootsartig organisierten Netzstruktur zu einer erneut top-down organisierten Organisation von Wissen. So praktisch die Einbettung der gängigsten Suchmaschinen Google, Wikipedia, Yahoo und Co. beispielsweise in Web Browser ist, zeigt sie doch auch um so deutlicher, wie determiniert Wissensströme im Internet heute verlaufen. Heutige Suchalgorithmen sind zwar sicherlich ausgereifter als noch vor zehn Jahren, bestimmen aber gerade dadurch auch seitens des Users eine ganz dezidierte Art, zu fragen, während die Optimierung von Websites für Suchmaschinen zeitweise die Ergebnisse einer dramatischen Bias unterwerfen. --Slothrop 13:03, 7. Mai 2008 (CEST)

Die ideologische Auseinandersetzung mit der Durchsetzung geistigen Eigentums im Internet wird vor allem von den Verfechtern und Profiteuren der durch die verlustfreie Kopierbarkeit von Inhalten nun überholten Vertriebswegen von Büchern, Musik und Film geführt. Der Rest der Welt stimmt mit den Füßen, bzw. Mausklicks ab: Alles ist frei im Netz, weil downloadbar. Kopierschutzverfahren werden geknackt, DRMs umgangen. Das "Recht auf die Privatkopie" ist zwar gesetzlich gekippt, hat dabei aber den Traffic in den Tauschbörsen bislang ebensowenig eingedämmt hat wie rigide Sanktionen gegen einzelne Nutzer.

Es ensteht der Eindruck, die subversive Ethik der MIT Hacker [6] (dt. in der CCC-Version) wie "Alle Informationen müssen frei sein" und "Mißtraue Autoritäten - fördere Dezentralisierung" haben im Internet einen Massenanhang erreicht. Auch wenn die Umwälzung von Normen im Netz wie oben erwähnt nicht zuletzt wegen der Kanalisierung durch kommerzielle Akteure beherrschbar geblieben ist und in der realen Welt wenig Entsprechung gefunden hat, werden zwangsläufig Autorität und Selbstverständnis von Nationalstaaten in Frage gestellt. Dieser Herausforderung mit Task-Force-Gründungen und Bundestrojaner zu begegnen erscheint etwas hilflos, als symbolischer Akt staatlicher Handlungsfähigkeit sind sie notwendig. Als Drohkulisse und damit Vorlage für den Ausbau etlicher staatlicher Organe taugen die Untiefen des Netzes allemal. --Worf 23:42, 6. Mai 2008 (CEST) --Slothrop 13:03, 7. Mai 2008 (CEST) --Worf 13:56, 8. Mai 2008 (CEST)

Normen

Unilateralität vs. Multilateralität

Unilateralität: bedeutet "Einseitigkeit" (lat. unus = einer; latus = Seite) im Handeln eines Staates oder einer Interessengemeinschaft ohne Rücksicht auf andere. Häufig entsteht dadurch ein erhöhtes Konfliktpotenzial.
Multilateralität: bedeutet "vielseitig" (lat. multos = viel). Mehrere Staaten oder Interessengemeinschaften handeln größtenteils kooperativ und gleichberechtigt.

Kurze Zusammenfassung: Nach dem kalten Krieg verblieb die USA als einzige Supermacht. Deshalb kann sie es sich erlauben, unilaterale Politik zu betreiben. Vor allem in der Außenpolitik ist dies seit dem Amtamtritt George W. Bushs sehr deutlich. Die internationale Gemeinschaft wurde im Rahmen des Irak-Krieg geschwächt, Völkerrechte zu Gunsten der USA ausgelegt.
Dabei wird sehr häufig unilaterale Politik mit multilateralen Instrumenten geführt. So haben die USA etwa mehrere Abkommen über das Verbot des Einsatzes von biologischen und chemischen Waffen (Genfer Protokoll , Chemiewaffenkonvention, Biowaffenkonvention) ratifiziert aber gleichzeitig eingeschränkt

  • Das Genfer Abkommen wurde unter Vorbehalt ratifiziert, dass sich die USA daran nicht zu halten habe.
  • Die CWC wurde ratifiziert (und sogar von Bush sen. wie folgt gepriesen: "... one of the most ambitious in the history of arms control, banning an entrie class of weapons of mass destruction. It is a central element of my Administration’s nonproliferation policy.") aber nur unter dem Vorbehalt, dass keine Proben außerhalb der USA untersucht werden dürfen, und dass der Präsident Kontrollbesuche unter Hinweis auf die nationale Sicherheit unterbinden darf.
  • Im CCW gibt es mehrere Zusatzprotokolle (für den Einsatz von Brandwaffen, Laserwaffen usw). Die USA lehnen diese bisher ab, stimmen jedoch den anderen Protokollen zu (das CCW ist bisher trotzdem nicht ratifiziert).
  • Der Kernwaffenteststopp-Vertrag wurde unterzeichnet, aber nicht ratifiziert (wie die USA über Atomtests von "Schurkenstaaten" denkt ist allgemein bekannt).
  • Ebenso wurde der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte unterschrieben und ratifiziert, aber nur unter vielen Vorbahlten und Bedingungen (Todesstrafe wird nicht geächtet; unterschiedliche Behandlung nach Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion,soziale Herkunft usw. wird vorbehalten; praktisch gilt dieser Vertrag nicht für die USA).
  • Das Kyoto-Protokoll wurde nach ewigem Hin und Her zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert.

Dieser Unilateralismus ist einer der Hauphinderungsfaktoren für das Konzept des Global Governances
--Dunchaban 19:40, 04. Mai 2008 (CEST) --Slothrop 13:13, 7. Mai 2008 (CEST)


Kommunikation

Bedrohungsszenarien sorgen für Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeit ist in einer Mediengesellschaft alles. So irrlichtert in schöner Regelmäßigkeit das Internet durch Nachrichten und Feuilletons. Bei allen Schrecklichkeiten unserer Zeit hat das Netz seine Finger im Spiel, bei Kinderpornograhpie, Terrorismus, Amokläufen, organisiertem Verbrechen, Diebstahl und als Verderber der Jugend allgemein.

Beraten die staatlichen Organe im Gefolge von neuen Horrorbotschaften aus dem Netz darüber, wie der Sumpf trocken gelegt werden könnte, rufen sie die Gegenseite auf dem Plan. Jene, die vor dem Verlust der Privatsphäre im Internet warnen, sehen mehr oder minder finstere Mächte an der Erschaffung des gläseren Menschen feilen - ungeachtet dessen, dass es vor allem die Nutzer selbst sind, die in Foren und sozialen Netzwerken soviel es eben geht von sich preiszugeben bestrebt sind und damit virtuelle Identitäten leicht nachvollziehbar mit realen und somit erfassbaren Identitäten verknüpfen. Abseits von reißerischen oder apokalyptischen Diskursen, findet sich das Thema Internet Governance auf den trockenen Außenpolitik-Seiten wieder und kann sich nicht wirklich ein großes Publikum sichern.

Im internationalen Diskurs werden althergebrachte außenpolitische Feindbilder bemüht: Auf der einen Seite die Vereinigten Staaten, denen man spätestens seit George W. Bush jede Schweinerei zutraut, auf der anderen Seite die Neider und Bösewichter, die den US Amerikanern den Wohlstand und die Demokratie nicht vergönnen. Die einen machen sich für die Übertragung der Internet-Regulierungshoheit von den USA auf die UN stark, um das Netz der Einflußnahme eines einzigen, den eigenen Interessen und Machtansprüchen gern auch unilateral nachgehenden Staates zu entziehen. Die Parteigänger der Washingtoner Administration können dagegen entspannt darauf verweisen, dass das Netz so wie es ist funktioniert und die Vereinten Nationen eine ineffiziente Quasselbude sind. Trotz der Kontrolle wesentlicher Infrastrukturmerkmale des Netzes durch die USA ist schließlich selbst das Blog des iranischen Präsidenten nach wie vor erreichbar [7].

--Worf 07:52, 7. Mai 2008 (CEST) --Slothrop 13:16, 7. Mai 2008 (CEST)

Historie

staatsferne Räume in der Geschichte:

  • Piraten auf allen sieben Weltmeeren
  • freier Markt im Frühkapitalismus
  • Supranationale Chemiekartelle in WK2
  • unregierbares russisches Zarenreich
  • Sub- und Metanetze in historischen und literarischen Diskursen: Thurn & Taxis, W.A.S.T.E., T.A.Z.,...
  • Network Neutrality im 19. Jahrhundert

Während der Terminus Net Neutrality im frühen 21. Jh. von Tim Wu, Professor an der Columbia Law School, im Gespräch mit Lawrence Lessig (Stanford Law School, Creative Commons, Electronic Frontier Foundation) eingeführt wurde, gibt es im Netz Diskussionen darüber, den Begriff insofern historisch in die Vergangenheit projezieren zu müssen, als dass zur Zeit der Einführung des Telegraphen im späten 19. Jh. bereits vergleichbare Netzwerkschemata vorgelegen haben, die die Frage nach Netzwerkneutralität zwingend stellten. In einem US Gesetz zur Bezuschussung des coast-to-coast Telegraphennetzes von 1860 etwa heisst es:
"...messages received from any individual, company, or corporation, or from any telegraph lines connecting with this line at either of its termini, shall be impartially transmitted in the order of their reception, excepting that the dispatches of the government shall have priority." (An act to facilitate communication between the Atlantic and Pacific states by electric telegraph, June 16, 1860)
1888 entwickelte Almon Brown Strowger den automatic telephone exchange, um parteiische Netzbetreiber zu umgehen, die ihm Kunden wegfingen und legte so den Grundstein für die neutrale end-to-end Herangehensweise, die sich später auch die als Reaktion auf den Sputnik Schock gegründete (D)ARPA zunutzen machte. Mit dem ersten ARPANET Link zwischen der University of California und dem Stanford Research Institute, der am 29. November 1969 online ging, unterlag das ARPANET auch einer sogenannten Acceptable Use Policy, die die kommerzielle Nutzung des aus öffentlichen und Militärmitteln subventionierten Projekts untersagte und die erst mit der fortschreitenden Privatisierung in den den frühen 90er Jahren aufgehoben wurde. Erst im Jahr 2003 legte Tim Wu mit seinem Paper Network Neutrality, Broadband Discrimination[8] ein Konzept der Net Neutrality auf erneut legaler Basis vor. Der Internet Freedom and Nondiscrimination Act von 2006 untersagt Breitbandnetzwerk Providern die Diskriminierung (lies auch: Zensur) jedweden Inhalts, Anwendungen, Dienste oder die Verweigerung von Verbindungen zu anderen Breitband Providern. Im Frühjahr 2008 äußerte sich FCC Chairman Kevin Martin affirmativ zur Durchsetzung dieser Legislatur. --Slothrop 17:13, 5. Mai 2008 (CEST)--Smark 13:44, 7. Mai 2008 (CEST)

  • Staatsferne Räume

Staatsferne Räume, die sich der Durchsetzung von Gesetzen und Normen entziehen, hat es immer gegeben. So wird in Kriegszeiten das Schlachtfeld regelmäßig zu einem rechtsfreien Raum, der weder von in Friedenszeiten gültigen Vorgaben reguliert wird, noch vom eigentlich anzuwendenden Kriegsrecht. Doch selbst in friedlichen Zeiten können Staaten ihren erklärten Aufgaben oftmals nicht nachkommen. Rechtsnormen können nur dort Wirksamkeit erlangen, wo ihre Durchsetzung garantiert ist. Fehlen kompetente staatliche Akteure oder sind diese zu schwach, wird das Machtvakuum von anderen Kräften gefüllt. Neben Wirtschaftskonzernen, Banditen, Guerillas oder Warlords kann es sich dabei um traditionelle personelle Netzwerke, z.B. Clans handeln, die kollektiv agieren und Ordnung herstellen, wo es keine Staatlichkeit gibt. Die Übergänge sind fließend.

Die Idee der staatlichen Ordnung supra-nationaler Netze und Räume gewinnt immer dann an Aktualität, wenn es einen entsprechenden Raum zu ordnen gilt. Die Seefahrt in internationalen Gewässern ist reglementiert, nationale Flottenverbände setzen diese Regeln zur Not mit Waffengewalt durch. Und dennoch gehören Schmuggel und Piraterie seit Jahrtausenden zu den Begleiterscheinungen. --Worf 13:21, 6. Mai 2008 (CEST)

Weitere Quellen

- Assante, Michael/Turner, Aaron, Freedom of the Cyber Seas. How lessons from the U.S. government's response to pirates in the early 1800s can help the next president of the United States improve information security, CSO online, 10.4.2008 [9]
- Hofmann, Jeanette, Internet Governance, Manuskript zum Vortrag „Internet Governance“ auf der Konferenz "Governance-Forschung – Vergewisserung über Stand und Entwicklungslinien", 4-6. März 2004 in Berlin.[10]
- Jackson Higgins, Kelly, New Massive Botnet Twice the Size of Storm, Dark Reading, 7. April 2008 [11]
- Keizer, Gregg, Dutch Botnet Suspects Ran 1.5 Million Machines, TechWeb, 21. Oktober 2005 [12]
- Kleinwächter, Wolfgang, Internet Governance 2005: The Deal is Done, Telepolis, 16.11.2005 [13]
- Kleinwächter, Wolfgang, Internet Governance: Die nächste Runde, Telepolis, 22.10.2006 [14]
- Kohl, Uta, Jurisdiction and the Internet - Regulatory Competence over Online Activity (Exzerpt), Cambridge University Press [15]
- Lehmkuhl, Ursula/Risse, Thomas (Hg.) 2007: Regieren ohne Staat? Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit (Schriften zur Governance-Forschung, Band 10), Baden-Baden. --Worf 14:44, 29. Apr 2008 (CEST)
- Perrit, Henry H. (jun.), Jurisdiction: Building Confidence in a Borderless Medium, Internet Law and Policy Forum 1999 [16]
- Proksch, W./Schweighöfer, E., Internet Governance and Territoriality Nationalisation of Cyberspace [17]
- Sonderforschungsbereich 700: Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit [18] --Worf 14:39, 29. Apr 2008 (CEST),
- etliche weiterführende Artikel (zum Download) unter [19] --Worf 14:53, 29. Apr 2008 (CEST) -Spiegel-Online Beitrag zu DE-CIX: [20] --Worf 14:20, 30. Apr 2008 (CEST)
- The Internet Governance Procect, Internet Governance - The State of Play, 9.9.2004 [21]
- Wenninger, Agnieszka, Territory(ies) Internet. Deleuzian perspective on ownership and identity on the Net [22]
- Wer kontrolliert das Internet? [23] --Worf 11:32, 5. Mai 2008 (CEST)
- Who controls the Internet? [24] --Worf 13:13, 5. Mai 2008 (CEST)
- Who will control the Internet? [25]--Worf 13:19, 5. Mai 2008 (CEST)
- Wu, Tim, Network Neutrality, Broadband Discrimination, 2003/2005 [26]
Interessante Lektüre zum Thema Unilateralität und Internet: Institut für Entwicklung und Frieden: US-Unilateralismus als Problem von internationaler Politik und Global Governance[27]
--Slothrop 17:14, 5. Mai 2008 (CEST) --Slothrop 21:40, 7. Mai 2008 (CEST)